In der Vorstellung darüber, wie eine Sucht auszusehen hat, stellt sich einer vielleicht die Drogenhöhle vor, wo irgendwelche Junkies von einem Schuss zum nächsten leben. In einem anderen Abbild vermutet man die Süchtigen in einem Casino, wo ein bestimmter Kreis von Stammkunden ihr letztes Essensgeld (unter anderem) an einen einarmigen Banditen spenden. Wenn es jedoch um Alkohol oder Zigaretten geht, kann die Ursache sich schon etwas persönlicher anfühlen. Denn sobald Sucht mit Alkohol in Verbindung gebracht wird, streitet man gerne ab, dass man selbst zu den Süchtigen zählt. Schließlich ist es in der Gesellschaft nicht ungewöhnlich, dass man immer wieder mal über die Strenge trinkt!?

Anfangs noch als schwachen Moment abgetan, breitet sich die Verlockung immer weiter aus, bis der Gedanke daran einen nicht mehr loslässt. Leider wird so oft übersehen, dass eine Leugnung von Sucht sie überhaupt erst stärker macht. Verfallen wir mal in einen Rauschzustand, der uns von unseren negativen Gefühlen oder Problemen ablenkt, entsteht irgendwann das Gefühl, wir könnten uns immer wieder an diesem so genannten "Problemlöser" bedienen, bis es ohne nicht mehr geht. Gerne reden wir uns dann auch ein, dass unsere Konflikte keine Rolle mehr spielen, doch in Wirklichkeit schieben wir sie nur vor uns her. Meistens löst die Sucht dann noch mehr Probleme aus, die sich besonders auf unser soziales Umfeld negativ auswirken können. Verlieren wir dann noch den restlichen Rückhalt in unserer Gesellschaft, wird es nur noch schwerer sich aus dieser Suchtspirale zu befreien.

Je nach Suchtmittel kann sich so mit der Zeit die Abhängigkeit chronisch ins geistige und körperliche Gedächtnis einbrennen. Ab hier wird eine Entwöhnung oder Entgiftung immer schwieriger. Als erstes muss man sich immer wieder eingestehen, dass die Sucht real ist, da sonst ein Rückfall nur eine Frage der Zeit ist. Leider gehören sogar ein oder mehrere Rückfälle zum Lernprozess dazu. Vollständig wird man die Abhängigkeit jedoch nicht mehr los.

Selbsthilfegruppen sind hier daher von unschätzbaren Wert, um einen immer daran zu erinnern, dass die Erkrankung überhaupt existiert. Nicht alle Suchterkrankungen können in gleicher Weise behandelt werden. Ein Spielsüchtiger wird bei einer Selbsthilfegruppe mit anderen Spielsüchtigen unter Umständen andere Szenarien finden, um die Sucht weiter zu fördern. Ess- und Magersüchtige unterscheiden sich vielleicht in ihrer Sucht, die Regulierung der Essensgewohnheiten passt aber womöglich besser zusammen, als nur unter Gleichgesinnten. Bei der Sucht mit Rauschmitteln wie Alkohol kann die körperliche Abhängigkeit so stark sein, dass die Entgiftung nur in einer Suchtklinik stattfinden sollte. Da man durch einen s.g. kalten Entzug auch andere Erkrankungen wie Delirium entwickeln kann, ist ein Selbstversuch unter Umständen sogar gefährlich. Die Entwöhnung selbst kann je nach Mittel unterschiedlich lang dauern, was einem von vornherein bewusst sein sollte. Die Suche nach Hilfe sollte daher möglichst bald stattfinden, auch wenn man sich unter Umständen nicht ganz sicher ist, ob man selbst betroffen ist.